Interessante Positionen unterschiedlicher Aspekte zeitgenössischer Malerei in der Galerie Böhner in der Mallau

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Der Schwerpunkt der aktuellen Ausstellung der Galerie Böhner im Bechtle IT-Systemhaus liegt eindeutig auf der Malerei. Die Plastiker sind dieses Mal von nur einem Repräsentanten vertreten. Dieser Repräsentant hat allerdings internationales Format und kommt aus Paris: Milo Dias. Dias sieht sich ganz in der Tradition der Surrealisten. Er baut seine Skulpturen aus Fundstücken auf, die er abformt. Für Surrealisten gibt es keinen Zufall, sondern was gemeinhin darunter verstanden wird, war für sie allein eine Spur des Unbewussten, in dem sie die Einheit zwischen Subjekt und Objekt sahen.

Die Arbeiten von Isabelle Habegger stellen eine Art Zwischenschritt zwischen der Malerei und dem Objektbild dar. Sehr wesentlich sind hier die Acrylglasscheiben, die es ihr ermöglichen, verschiedene Bildebenen herzustellen.

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Trotz dieser beiden Ausnahmen, ist es bei dieser Ausstellung eindeutig die Malerei, die dominiert. Die ausgewählten Werke belegen, dass das gemalte Bild, trotz der Konkurrenz durch neue elektronische Medien, nach wie vor seine Existenzberechtigung hat und vom Kunstpublikum geliebt wird.

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Das Tafelbild - in den letzten Jahrzehnten des Öfteren totgesagt - feiert gerade in unserer Zeit seine Auferstehung und erfreut sich des besonderen Interesses der Ausstellungsbesucher und der Sammler. Vielleicht ist dies im Zusammenhang durch die Bilderflut, die tagtäglich auf uns einströmt, zu erklären. In Opposition zu dieser entsteht eine Sehnsucht nach gut gemalten Bildern. Oasen der Ruhe im hektisch oszillierenden Aufblitzen. Gemalte Bilder vermitteln Beständigkeit und sind sowohl in Geschäfts- als auch in Wohnräumen unentbehrlich. Noch  ein weiterer Aspekt kommt beim gemalten Bild hinzu: Ein solches Bild spricht tiefe Schichten in uns an  und bringt geheimnisvolle Seiten in uns zum Klingen. Es wirkt auf jenes geheimnisvoll Unbewusste, von dem im Zusammenhang mit den Skulpturen von Milo Dias bereits die Rede war.

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In dieser Ausstellung gibt es einige interessante Positionen, die unterschiedliche Aspekte zeitgenössischer Malerei repräsentieren.

Sie sehen Maler, die sich ganz an den traditionellen Richtungen, wie dem Expressionismus, orientieren. Daneben finden sie Arbeiten, die vollkommen losgelöst von der Tradition erscheinen. Werke von Künstlern, die neue Wege eingeschlagen haben und durch diese Tradition mit Zeitgenossenschaft verbinden.

 

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Das Reizvolle an den Ausstellungen der Galerie Böhner sind wie immer die interessanten Konfrontationen ganz unterschiedlicher Stilrichtungen, denen der Galerist hier ein spannendes Forum bietet. So reicht das Spektrum

der aktuellen Ausstellung vom Informel über moderne Varianten des Expressionismus bis hin zu der Pop-Art. Diese Position schwingt in den Arbeiten von Timo Gabriel mit, dessen

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Arbeiten sehr ornamental erscheinen und wie Ausschnitte auf größeren Tafeln wirken, auf denen die verschlungenen, labyrinthischen Strukturen weitergeführt sind. Zunächst wirken diese Arbeiten ausgesprochen flächig, aber wenn man eine Weile schaut verknüpfen sich diese Eindrücke zu einer Art 3-D Bild, das immer wieder neue Seherlebnisse möglich macht.

 

Hier in den vorderen Räumen des Erdgeschosses der Galerie geben die großformatigen Bilder der niederländischen Malerin

Brighart den Ton an. Die in Amsterdam geborene Künstlerin spielt mit visuellen Illusionen und deutet die Gegenständlichkeit in ihren Bildern nur vage an. Mit schlafwandlerischer Sicherheit bewegt sie sich im undefinierbaren Zwischenbereich  von Informell und Landschaft. Sie spielt dabei bewusst mit den Illusionen, die bei der Bildbetrachtung entstehen. So erzeugt sie durch Verstörungen beim Betrachter Irritationen. In ihren neuen Arbeiten fügt sie der Leinwand sogar Verletzungen zu, die dann vernäht werden, so dass die Bruchstellen wie Narben erscheinen.

In diesen Arbeiten zeigt sich die akademische Ausbildung, die Brighart genoss. Sie hat an der  Rietveld-Akademie in Amsterdam studiert und danach in der freien akademischen Werkstatt in Den Haag gearbeitet.

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Auch Harald Reinecke durchbricht die Zweidimensionalität des Bildes, indem er die Leinwand durchschneidet und so gewissermaßen einen Einblick in die innere Welt des Bildes gibt. Darüber hinaus haben seine sehr ästhetischen Arbeiten auch etwas Collagenhaftes. Der tiefschichtige Farbauftrag trägt das Seinige dazu bei, diesen Eindruck auf den stabilen Holzplatten oder auch kastenartigen Leinwänden noch zu verstärken. 

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Rein am Informell und dem abstrakten Expressionismus orientiert sich die Schweizerin Susanne Senn. Ihre Bilder leben von einem gekonnten Zusammenspiel zwischen einem stark strukturierendem breiten Pinselduktus und offen gelassenen Partien, die der Farbe Raum geben. Die silhouettenartigen Gestalten, die man zwischen den Pinselspuren erkennt, laden die Szenen zusätzlich mit Spannung auf und wirken rätselhaft.

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Gerold Maier geht bezüglich der Auflösung der Gegenstände in reine Farbe noch einen Schritt über Susanne Senn hinaus. Durch seine teils großformatigen Arbeiten schaut man hindurch wie durch eine pastellfarbene Nebelwand. Die Gegenständlichkeit, die man sich hier wohl vorstellen kann, ist

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allerdings fast vollständig aufgelöst. Nur vage Andeutungen entdeckt man, die aber während des Betrachtungsprozesses ein geheimnisvolles Eigenleben entfalten.

Marina Malachowski hat eine interessante Form des malerischen Konstruktivismus gefunden. Mit reiner Farbe legt sie tiefgründige Fonds an, auf der sie dann teilweise mit filigranen Zeichnungen Strukturen aufträgt, die wie im Raum zu schweben scheinen. Man denkt an die quirligen Massen in einer Stadt oder am Strand. Aber trotz aller Geschichten, die man hier erfinden könnte, geht es der Künstlerin eher um abstrakte Kategorien wie Verdichtung und Auflösung, durch die Marina Malachowski immer wieder neue Spannungsmomente schafft. Eine Arbeit ist sogar nach dem Ausstellungsort ‚Mannheim’ benannt.

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Der erzählerische Aspekt ist bei Eberhard Schmidt-Dranske mitbedacht. Figuren und Landschaft haben ihre besondere Geschichte, die zur Enträtselung einlädt. Als Künstler bekennt sich Eberhard Schmidt-Dranske offenkundig zur frühexpressionistischen Malerei, wie an seinen mit schwarzen Cloissoniers versehenen Formen deutlich wird. Seine Palette ist geradezu fauvistisch. Er möchte also die Lokalfarben nicht nachahmen, sondern er rekurriert durch eine der Natur gegenüber eigenständigen Farbigkeit auf die Autonomie der Bilder und somit er auf Imaginationen, die durch subjektive Eindrücke mitgeprägt sind. Durch die Synthese zwischen dem eigenen Kunstwollen und den historischen Wurzeln hat der Künstler zu einem bemerkenswerten Malstil gefunden.

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Die Ausstellung dauert bis zum 10. März 2010
 
Öffnungszeiten: Mo-Fr 9-17 Uhr sowie nach Vereinbarung
 
Galerie Böhner im BECHTLE IT SYSTEMHAUS Mannheim,
Besselstrasse 20-22, D-68219 Mannheim
 
Galerie Böhner, G7/7, D-68159 Mannheim
fon/fax 0049 (0) 621/1566570
 
www.galerie-boehner.de, www.kunst-spektrum.de

 

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