Die Galerie Böhner auf der Kunstmesse Salzburg: Neue Kunst aus Asien und Europa

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Auf der Kunstmesse Salzburg, die in diesem Jahr deutlich über 8000 Besucher hatte, stellte die Galerie Böhner insgesamt 53 Künstlerinnen und Künstler vor. Ein besonderes Highlight war der Raum mit koreanischer Kunst, die mit dezenten Tönen und einer Orientierung am amerikanischen Informell und der Minimal Art einen spannenden Kontrapunkt zur farbenfrohen europäischen Mixtur aus Farbfeldmalerei, Gegenständlichkeit, Fotografie und konzeptuellem Experiment setzte.

korea12Im Irgendwo zwischen dem japanischen Farbholzschnitt und der Minimal Art trafen sich so die Farben Hellgrau, Beige und Dunkelgrün, um in eleganter Manier feingeschliffene Objekte und Gemälde koreanischer Kunst zu erzeugen. In einem Meisterstreich präsentierte die Galerie Böhner auf der diesjährigen Kunstmesse Salzburg dreizehn koreanische Künstlerinnen und Künstler, die nicht nur durch die Modernität ihrer Werke sondern auch durch großes handwerkliches Können auffielen.

Young-Ran Chang ist Professorin am College für angewandte Kunst der University of Fine Arts in Suwon. Sie setzt in unterschiedlichsten Techniken Erfahrungen mit der Natur und deren Ästhetik um. Mee-Ah Choe aus Seoul hat seit 1986 in zahlreichen Einzelausstellungen die zugespitze Thematik der „Zellen“ in ganz heterogenen Medien wie Malerei, Grafik und Fotografie entwickelt. In Salzburg zeigt sie ovale Rundformen in grafischer Abstraktion.

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Sunok Chun vertritt im Ensemble koreanischer Kunst der Galerie Böhner die amerikanische Linie. Die Künstlerin lebt nicht nur in New York, sondern pflegt auch die überwiegend amerikanische Tradition des Informell, mit einem naheliegend tachistischen, der asiatischen Kalligraphie verwandten Einschlag. Kyong-Hwa Jun wurde für ihre Werke aus Fiberglas mehrfach ausgezeichnet. Das metallische Material ermöglicht dekorative Oberflächengestaltungen mit fast malerischer Anmutung. Die Künstlerin Yea-Whan Ahn, die bereits internationale Ausstellungserfahrung gesammelt hat, entwickelt mit Materialien aus asiatischer Tradition wie spezielle Puderfarben oder Papiersorten und unter Einbeziehung moderner Medien wie der Fotografie quasi-analytische Werke, die chromatische Farbhintergründe und eine zeichnerische Oberfläche, Abstraktion und Figuration kontrastiv miteinander verbinden. International in Sammlungen vertreten ist auch Shin-Hye Park, deren virtuose meditative Malerei ebenfalls starke technische Komponenten hat, indem sie z.B. die Flächenbehandlung aus verschiedenen traditionellen Techniken über Zeichnung und Malerei dominieren lässt. Woo-Sook Lee, die sich durch ein Erasmus-Stipendium intensiv mit europäischer Kunst beschäftigen konnte, thematisiert in ihren Gemälden in Mischtechnik bewusst asiatisch-europäische Strömungen der Moderne. Internationale Ausstellungserfolge hat Meen-Jeong Kim mit ihren zumeist kleinformatigen Gouachen erzielt. Die Werke verbinden verschiedene Techniken zu kleinen visuellen „Essays“ über persönliche Themen.

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Jae-Bok Lee ist Professor an der Suwon University in Seoul und erarbeitet in Collagen aus Büchern und Farbflächen, gefärbtem und gedrucktem Papier, malerische Objekte, die ikonische Traditionen Asiens mit denen der amerikanischen Moderne verbinden. Bücher und kulturelle Symbole allgemein beschäftigen auch Youn-Sook Lee, die in ihren zumeist monochrom übermalten Kleinskulpturen alltägliche Artefakte und natürliche Objekte kombiniert. Ihre in internationalen Ausstellungen vorgestellten Arbeiten wirken ruhig und dekorativ. Heeyoung Sohn entwickelt Multiples, um einerseits Effekte im Stile der Op Art, andererseits Techniken der angewandten Künste zu nutzen und neue Perspektiven zu ermöglichen. So-Ah Yim lebt in Hamburg und Seoul. Sie war Meisterschülerin von v. Monkiewitsch in Brunswick und hat in zahlreichen Ausstellungen ihre großformatigen Wandinstallationen gezeigt. Einfache Farben und kubische Formen werden zu unzähligen geometrischen Mustern variiert, um quasi exemplarisch die geometrischen Räume und Formen unserer Umgebung sichtbar zu machen.

So zeigte Korea insgesamt sehr viel Eleganz und die Selbstverständlichkeit eines kulturellen Zusammenspieles von Tradition und Moderne, westlicher und asiatischer Kultur.

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Im europäischen Programm der Galerie Böhner mischten sich ganz den Traditionen des Mannheimer Ausstellungsmachers folgend abstrakt-malerische, gegenständlich-figurativ, konzeptionelle und fotografischen Werke. Gerade im Vergleich mit den Koreanerinnen fiel die kräftige Farbgebung vieler Werke auf. Andrea Amelung vertritt in der Gruppe der Abstrakt-Malerischen das Experiment mit verschiedenen Techniken. Sie mischt reines Pigment mit körnigen Materialien, solche reliefartigen Farbaufträge aber auch mit jansen1glänzendem Acryl. Ihre Themen sind häufig synästhetisch und durch ihre zahlreichen Reisen inspiriert. Eckhard Besuden hat sich von fotorealistischen Anfängen hin zur weitgehenden Gegenstandslosigkeit entwickelt. Seine Farbfelder sind kompositorisch streng und erinnern häufig an drucktechnische Verfahren. Wie Amelung mischt auch Besuden freie Pigmentverteilungen mit malerisch ausgestalteten Flächen, in denen dann auch wieder gegenständliche Bezüge zu der Abstraktion nahen Motiven möglich sind. In großformatigen Arbeiten stellte er auf der Kunstmesse Salzburg auch wieder einen realistischen Stil vor. Auch im Zwischenbereich von Abstraktion und Figuration ist Michael Jansen, der als Musikpädagoge in Hamburg lebt und in seiner Malerei farbenfrohe Muster entwickelt, die an das amerikanische Pattern Painting erinnern, aber auch an architektonische Stile wie Hundertwasser oder Gaudi.

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In der Materialwahl am experimentellsten ist Bruno Brülisauer. Der Züricher arbeitet neben Dispersion und Sand auch Speiseöl, Gewürze und Tee in seine abstrakten, warmtönigen Kompositionen ein. Mehr aus dem technischen Bereich von Drucktechnik und Physik kommt Ulrich Wegener, der für seine großformatigen Gemälde auch den Computer einsetzt. Es entstehen semiabstrakte Gebilde von mitunter großer Farbkraft.

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Die Keramik ist für Inge Louven Inspirationsquelle und ästhetischer Anhaltspunkt, wenn sie ihre fast monochromen Farbflächen aus unterschiedlichen Materialien entwickelt. Auch der italienische Maler Luciano Chinese stellt sich auf der Kunstmesse Salzburg mit vollständig abstrakten Werken vor.

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Farbfläche kombiniert er in einigen Werken mit eher rohen Materialien wie Sperrholz als Bildträger.

Sehr erfolgreich ist Gerold Maier, der als technischer Zeichner den Weg zur Kunst fand und nun vollkommen abstrakte, freie Farbfelder kreiiert. Verschiedenfarbige Felder sind in diesen Werken zumeist aufgehellt und belebt durch weiße, sehr feine Farblinien, die mitunter durch leicht pastose Strukturen betont sind. In seinem Oeuvre finden sich auch Landschaften und Stadtansichten, die durch die malerische Auflösung der Gegenstandskonturen das Malerische betonen.

Ähnlich ist die semimonochrome Farbflächenmalerei von Kristian Fenzl, der in Linz als Hochschulprofessor lebt und arbeitet. In eine dominierende Flächenfarbe integriert Fenzl in seinen großformatigen Gemälden aus Lack auf Leinwand lockere Einsprengsel anderer Grundtöne.

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Systematisch changiert der polnische Maler Adam Glinski zwischen erkennbaren Motiven und abstrahierender Auflösung. Er entwickelt mit verschiedenen Techniken wie Öl, Tusche, Tinte auf Leinwand, Karton oder Holz sogenannte „verschleierte“ Bilder, in denen sich Motive andeuten.

Schon an sich nur zum Teil naturalistische Motive pflegt Koray Gelisen, der mit Farbe, Licht und Form unbewusste oder triviale Themen der Science Fiction aus der Figuration herauslöst.

Ihre Collagen aus Schriftzeichen, Zeitungsausschnitten und Zeichnungen verbindet Lisa Scheuer-Hagenmüller mit abstrakten Farbflächen aus Acryl und Acryllack. Mit der Schrift als Motivgeber arbeitet auch Heide Scheerschmidt-Leykauf. Karin Frei-Noser deutet in weitgehend nicht-figurativen Kompositionen durch einen zeichnerischen Stil Gegenstandsbezüge an. Sie entwickelt häufig Specksteinskulpturen und fand durch diese bildhauerische Praxis wieder zur Malerei zurück.

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Auch Gunda Sönnichsen-Passehl repräsentierte in der diesjährigen Präsentation der Galerie Böhner auf der Kunstmesse Salzburg den Grenzbereich von figurativer und nicht-figurativer Kunst. Ihre Skulpturen orientieren sich am menschlichen Körper und entwickeln diesen mal zu nur mehr andeutenden Formen, mal zu eindeutig mimetischen Figuren.

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Am Menschen orientiert ist auch Elke Schmoelzer, die die Kunstmesse nutzte, um Besucherinnen und Besucher in 4-Minuten-Skizzen festzuhalten. Diese Zeichnungen werden in ihrer nächsten Ausstellung in Stuttgart zu sehen sein. Schmoelzers Gemälde zeigen in kraftvoll-expressiven, auch deutlich ironisierendem Stil ebenfalls Gesichter.

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Andere Themen ihres umfangreichen Oeuvres sind kleine, zeichnerische Narrationen, Aktdarstellungen und Gemälde, die den zeichnerischen Stil und ihre Bildthemen weiterentwickeln zu abstrakten Farbfeldern. Schmoelzer schreibt auch Gedichte, die manchmal mit ihren Bilder zusammenhängen und mit Vorliebe mit erotisch-frivolen Themen spielen.

schmoelzer3Heike Huismann beschäftigt sich wie Schmoelzer mit Portraits, die an die einfache Formensprache des Expressionismus erinnern. Marli Bartling löst hingegen gegenständliche Bezüge in ihrer Acrylmalerei wieder fast vollständig auf. Elke Jade Jacubowski nutzt die motivische Verrätselung einer einfachen Strichführung in expressionistischem Stil und eine ausdrucksstarke Farbgebung für provokante und großstädtische Themen, die vor allem an Otto Dix erinnern. Heide Krementz lebt zwar auf dem Land in der Nähe von München, malt aber ebenfalls großstädtische Themen wie Hochhausfassaden. Dagegen sind Irmgard Rosa Maria Maurischats Themen eher erotischer Natur und werden liebevoll in Gouachen und Aquarellen umgesetzt. Auch am Menschen orientiert und häufig ironisch wie Elke Schmoelzer sind die im zeichnerischen Stil gehaltenen Bilder Matthias Neutingers. Die beiden Münchner Künstler Karl Orth und Raimund G. Palm vertreten ebenfalls einen deutlich gegenständlichen Stil, der Kunstschmied Orth in seinen Skulpturen, Palm in seinen realistischen Bildern und Zeichnungen italienischer Alltagswelten.

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Ricardo Ermani & John Thaler bilden zusammen das Team Splash Art, und nutzen die gegenständliche Malerei häufig für kritische Themen. Diese werden in Bild und Skulptur umgesetzt und häufig bunter und amüsanter ausgestaltet als es die schwierige Thematik nahelegt. Gerade dadurch aber ziehen die Werke Aufmerksamkeit auf sich. In ebenso kraftvollen Farben, originellen Figurationen und Gesten schmückten die Pappmaché-Figuren von Ilsetraud Riegler die Räume der Galerie Böhner auf der Kunstmesse.

Einen ganz eigenen, sehr konsequent entwickelten Stil pflegt Eva Maria Paar in ihren Ölgemälden. Die an MS erkrankte Künstlerin greift in ihren aktuellen Bildern triviale Gesten und Motive in Starportraits auf. Ihre realistischen Darstellungen solcher Fotografien entwickelt sie durch ein Streifenmuster aus dunkler Farbe, das alle ihre Bilder durchzieht.

Die Motive werden hinter dieser Lineatur durch warme Erdtöne angedeutet. So entwickelt sich eine Motivgestalt, die wie ein Blick durch eine Jalousie anmutet. Gerade in ihren neueren Arbeiten zum Thema „Stars“ hat der Stil so etwas bewusst Voyeuristisches, das den darstellenden Charakter der realistischen Bilder betont.

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Experimentelle Fotografie, die als Ausdrucksform der zeitgenössischen Kunst zunehmend an Bedeutung gewinnt, findet man bei Petra D. Heinrich, die in sehr dichten Collagen im Stil der sechziger Jahre sich selbst und psychodelische Erfahrungsmuster thematisiert. Renate M.F. Günter vergrößert ihre Motive sehr viel stärker und verbindet fotorealistische Malerei und Fotografien als Medium. In ihrem Triptychon, das sie auf der Kunstmesse Salzburg zeigte, wird ein Gesicht in Öl auf Leinwand im Format 100 x 100 cm gezeigt, das an die technischen Möglichkeiten und Grenzen der Fotografie erinnert und so Grenzen und Möglichkeiten technische Reproduktion allgemein zur Diskussion stellen soll.

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Thomas Klein zeigt eine Zusammenstellung ungewöhnlicher Selbstportraits, die mit Laserlicht und Polarisationsfilter entstanden sind, aber auch durch inszenatorische Elemente wie die Kostümierung des Künstlers hohe Artifizialität erzeugen und so die sehr stark verfremdeten Portraits wieder authentisch erscheinen lassen.

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Auch der Galerist Claus-Peter Böhner-Fery selbst war mit unverfrorener Konzeptkunst vertreten, die die notorische „Was ist Kunst?“ Frage aufwarf. Die Autorin Ulrike Ritter zeigte ebenfalls Konzeptkunst, die dem Anspruch folgt, individuelle und zugleich kritische Themen über Kunst als institutionalisiertes Instrument zu verbreiten.

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Bericht: Dr. Ulrike Ritter

Fotos der Bilder: Künstler

Fotos in der Ausstellung:Ulrike Ritter

 

 

Die Künstlerinnen & Künstler der Galerie Böhner:

Yea-Whan Ahn (KOR)

Andrea Amelung (D)

Marli Bartling (D)

Eckhard Besuden (D)

Claus-Peter Böhner-Fery (D)

Bruno Brülisauer (CH)

Young-Ran Chang (KOR)

Luciano Chinese (I)

Mee-Ah Choe (KOR)

Sunok Chun (KOR)

Dominik Ellwanger (D)

Ricardo Ermani & John Thaler (D)

Kristian Fenzl (A)

Karin Frei-Noser (CH)

Georg Freundorfner (D)

Koray Gelisen (TR)

Adam Glinski (FL)

Renate M.F. Günter (D)

Petra D. Heinrich (A)

Heike Huismann (D)

Elke Jade Jakubowski (D/GB)

Michael Jansen (D)

Kyong-Hwa Jun (KOR)

Meen-Jeong Kim (KOR)

Thomas Klein (D)

Petra Klos (D)

Heidi Krementz (D)

Bärbel Laenen (D)

Jae-Bok Lee (KOR)

Woo-Sook Lee (KOR)

Youn-Sook Lee (KOR)

Mi-Kyung Lee (KOR)

Inge Louven (CH)

Rainer Magold (D)

Gerold Maier (D)

Irmgard Rosa Maria Maurischat (A/D)

Matthias Neuthinger (D)

Karl Orth (D)

Eva Maria Paar (A),

Raimund G. Palm (D)

Shin-Hye Park (KOR)

Jürgen F. Pongratz (Pongi) (D)

Ilsetraud Riegler (A)

Ulrike Ritter (D)

Kerstin Rudnick (D)

Heide Scheerschmidt-Leykauf (D)

Lilo Scheuer-Hagenmüller (D)

Elke Schmölzer (A)

Heeyoung Sohn (KOR)

GSP-Gunda Sönnichsen-Passehl (D)

Hansueli Urwyler (CH)

Ulrich Wegner (D)

So-Ah Yim (KOR)