Liana Axinte

Liana Axinte auf Erkundung der eigenen Imagination

PRÄMISSE
Als die Keramik die Bildhauerin Liana Axinte ansprach, die bislang tradierte Werkstoffe im Dienst einer anthropozentrisch orientierten Figuration verwendet hatte, so offenbarten sich der Künstlerin die plastischen Valenze des Materials samt deren elementaren Konnotationen. Es entstand bald eine fruchtbare, quasi auf gegenseitige Affinität beruhende Zusammenarbeit zwischen Künstler und Werkstoff.

Wenngleich auch diese Wahl nicht ultimativ ist, da Axinte’s nach Form suchende Tentakeln zur Unrast bestimmt bleiben, hat diese Erfahrung ihren kreativen Geist angespornt. Die spezifische Formbarkeit des Materials begünstigt die Morphogenese; Axinte hat diese Chance wahrgenommen. Daraus sind die vorliegenden Arbeiten entstanden. In ihrer Ausdrucksstärke kommen konkurrierende Momente simultan zum Tragen: optische, räumliche, haptische, semiologische, allegorische. Sie fließen ineinander – ihre Dynamik wird als Vitalität empfunden.

AXIOME
Die Pragmatik hat durchaus Tradition: Laut Vasari soll sein hoch gepriesener Zeitgenosse Luca della Robbia, als er sich von den klassischen Werkstoffen zugunsten der Keramik verabschiedete, um die letztere in den Rang eines den „edlen“ Werkstoffen gleichwertigen Trägers der humanistischen Ästhetik zu erheben, diesen Schritt aus ökonomischen Erwägungen – Unkosten, Produktivität, Rentabilität – getan haben.
Doch ungeachtet ihre jeweilige Aufgabe, verführen die Tonerzeugnisse durch die Prägnanz ihrer urigen, mythologisch befrachteten Eigenart. Je sinnfälliger diese Prägung – adamah, der edenische Lehm – im Artefakt mitschwingt, gleichsam einer „Transzendenz nach unten“ Raum gebend, desto wirkungsvoller ist seine Überzeugungskraft. Tonerde ist derart intim mit der tellurischen Welt verbunden, dass sie als Inbegriff der Substanz schlechthin gelten und im Licht aristotelischer Kategorie der allgegenwertigen hyle angenähert werden könnte.

UND LIANA AXINTE?
Die Hand lässt so gut wie graphologisch verwertbare Spuren zurück, eine unterschwellige Selbstdarstellung des Künstlers. Axintes Gestaltungsstrategie fußt dabei auf der genuinen Beschaffenheit der Tonmasse. Sie verdeutlicht seine urwüchsige Natur und verhilft sozusagen den chthonischen Spuk zur Äußerung. Etliche Bildfindungen erinnern an die volkstümliche Ikonografie, nämlich an ihre überlieferte Motivik, voller kosmischer Andeutungen und stilistischen Skurrilitäten. Vor diesem Hintergrund lassen sich Axintes Plastiken anschauen. Das Quiproquo hat Methode, es setzt ein Gefühl von existentieller Fülle in Szene, durch überspitzten Humor vom Pathos befreit.

Der Witz dieser Mehrdeutigkeit, welche die Grenzen zwischen den Gattungen der Realien und somit deren hierarchische Anordnung spielerisch durcheinanderbringt, schlägt in Axintes Arbeiten durch, wie in einem verfänglichen theatrum mundi. (ANCA ARGHIR, Kunstkritikerin – Neuss 2013)

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Zu den Keramischen Skulpturen von Liana Axinte

„Der Maler Wu Tao Tse lebte in der Tang Zeit, etwa um 700. er wurde bereits zu Lebzeiten hoch geschätzt und gilt als der Begründer der chinesischen Malerei. Als achtzigjähriger Greis malte er sein letztes Meisterwerk. Als er damit fertig war, kam der Kaiser mit dem gesamten Hofstaat, um es zu sehen. Wu Tao Tse zog den Vorhang weg, mit dem er das Gemälde verhüllt hatte – und alle im Raum wurden still, ja keiner wagte zu atmen: so etwas Gewaltiges hatte man noch nicht gesehen: eine Landschaft mit schneebedeckten Bergen, Wälder, tiefen Schluchten und Wasserfällen lag vor ihnen.
Da klatschte Wu in die Hände und ging auf das Bild zu, schritt in das Bild hinein auf einen Felsenpfad. Er stieg diesen Pfad immer weiter hinauf, wurde immer kleiner. Schließlich sahen alle, wie er bei einer Höhle ankam – er trat ins innere dieser Höhle und diese verschloss sich hinter ihm. In diesem Augenblick verschwand das ganze Bild, und der Kaiser blickte auf eine weiße Wand!

Liana Axinte sagte zu mir: „Das was ich mache, bin ich…“

Grenzen zwischen Welt und der Welt der Kunst werden bedeutungslos – Kunst und Leben werden eins.
Im „Grenzüberschreiten“ hat L.Axinte in vielerlei Hinsicht Erfahrung.

Ton ist das von ihr bevorzugte Material. ….Sie modelliert jedoch nicht im strengen Sinn, vielmehr baut sie ihre Skulpturen aus Tonplatten auf, die sie formt, biegt, schneidet und zusammensetzt. Eine Technik wie sie seit Urzeiten für die Herstellung von großen Gefäßen verwendet wird.
„jede Skulptur ist eine Form in Bewegung“, wie der Rumänische Bildhauer Constantin Brancusi sagt. „Rasche Bewegung“ wie Liana Axinte auf ihre Einladungskarte geschrieben hat… Es gibt kein eindeutiges Vorne und Hinten, man muss sich bewegen um die Figuren herumgehen und wird immer neue überraschende Ansichten entdecken.

Zu dieser komplexen räumlich-plastischen Form kommt ein weiteres Element – die Farbe! In der Regel ist die Farbe der Skulptur untergeordnet …
Liana Axinte bemalt die fertigen Tonformen sowohl innen wie außen mit farbigen Glasuren. Sie arbeitet dabei in Schichten, die nach dem Brennen, bedingt durch die Transparenz der Glasur, aufscheinen….Meines Erachtens sind hier Farbe und plastische Form gleichberechtigt verwendet. Sie sind aber nicht voneinander abgegrenzt, vielmehr durchdringen sich Malerei und Skulptur auf vielfältige Weise. Jeder für sich ist eigenständig und doch durch den anderen bedingt!
An dieser Stelle möchte ich auf die Sockel bei den Skulpturen von Liana Axinte eingehen …
Die Künstlerin beschränkt sich beim Sockel nicht auf einfache architektonische Formgebung: sondern führt sie selbst als nahezu eigenständige skulpturale Gebilde aus, die zur Skulptur hinführen …

Es gibt zwei Grundthemen: Gefäß und Kopfbedeckung

Aus den Elementen dieser beiden Grundmotive baut Liana Axinte Höhlen, Zimmer, Wohnungen, Türme, Städte …
Das Haus und die Stadt sind geordnete Bezirke, die Schutz bieten, sie sind alte Symbole einer kosmischen, göttlichen Ordnung.

Und diese Gebäude sind bewohnt, von sehr scheuen Wesen, die sie gern verstecken, … sich an eine Wandung schmiegen, aus Vorhängen, Schleier hervorschauen, um im nächsten Moment um die Ecke zu hüpfen …
Es sind geisterhafte Wesen – man hört sie tuscheln, kichern, manchmal sind sie auch traurig…auf alle Fälle sehr lebendig. Es können menschliche Gestalten sein, Gesichter, Vögel, Pferde, Schafe, Bäume, Schiffe – Archetypen wie sie C.G.Jung nannte, die in allen Menschen wohnen, die in den Träumen zuweilen bis fast an die Oberfläche des Bewusstseins auftauchen, am Tag wieder beiseitegeschoben werde. In alten Mythen leben sie – und in Bildern und Skulpturen von Künstlern werden sie existent.
Liana Axinte hat sie, die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit überwindend in unsere reale Welt geholt!

Die diesen Gestalten eigene Symbolik weist aber noch auf eine weitere Dimension hin:
Der Vogel: er verkörpert das Immaterielle. Durch seine Fähigkeit zu fliegen gilt er als ein Mittler zwischen Erde und Himmel, dem Unten und Oben.
Das Pferd: ebenfalls ein „Mittler“. Er führt die Seele ins Reich des Todes.
Mit dem Kahn geleitet der Fährmann Charon den Verstorbenen über den Acheron …
Liana Axinte hat – so scheint es mir – mit ihren farbigen Skulpturen, in denen sie Raum und Fläche gleichermaßen gestaltet, ebenfalls eine Verbindung, einen Weg zwischen den Welten des Hier und des Dort gefunden…überwindet sie mühelos die Grenzen, den Abgrund zwischen Realität und Traum, zwischen Materiellem und Immateriellem, zwischen Leben und Tod.

„Der Mensch ist wirklich lebendig, wenn er das Unmögliche für möglich hält.
Das ist die Kraft der Menschlichkeit“ – (A.Calderara)

(Gaby Wagner, Kunsterzieherin und Graphikerin – Vernissage zur Ausstellung im Museum Hengersberg 2013 – 06)

 

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